Die Stücke dieses Zyklus’ entstanden in direktem Dialog mit verschiedenen Instrumentallehrer*innen und ihren Schüler*innen: Szenische Kammermusiken, Kurzhörspiele, Klanggeschichten und Mini-Performances in unterschiedlichen Besetzungen für Kinder, die erst seit kurzem ein Instrument lernen.
Das “Flötinnenballett” entstand zusammen mit sechs Querflötenschülerinnen, die allesamt erst seit ca. einem halben bis dreiviertel Jahr Unterricht hatten. Drei Flöten werden als Musikinstrument eingesetzt, die anderen als Requisiten eines parallel ablaufenden Puppenspiels. In der Mitte des zweiteiligen Stückes kann getauscht werden, so dass jede Spielerin sowohl als Musikerin als auch als Puppenspielerin zum Einsatz kommt. Die Musik beschränkt sich auf einen Vorrat von Tönen, der sich schon nach kurzer Unterrichtszeit problemlos realisieren lässt.
Hörbeispiel 1: Reisen und Abenteuer einer einsamen Flötin (Teil 1)
(Produktion: WDR3, Papageno – Musik für Kinder)
Hörbeispiel 2: Reisen und Abenteuer einer einsamen Flötin (Teil 2)
Hörbeispiel 3: Der große und weltberühmte Circusdirektor begrüßt sein Publikum
(Trompete solo mit Darstellern ad libitum)
Hörbeispiel 4: Der große und weltberühmte Circusdirektor leidet an Gedächtnisschwund
(Trompete solo mit Darstellern ad libitum)
(Produktion: WDR3, Papageno – Musik für Kinder)
Hörbeispiel 5: Elefantenfußball (Zweite Liga)
(Horn solo mit Sprecher ad libitum)
Beispiel 6: Löwenjagd
(Streichquartett mit Tropenhelmen)
Die ersten Stücke entstanden 1998 im Rahmen eines Modellprojektes in Zusammenarbeit mit der Rheinischen Musikschule Köln. Für mich waren sie lediglich erste Versuche und Prototypen für eine sehr viel ambitioniertere und umfangreichere Idee: Langfristig wollte ich eine großangelegte modulartige Sammlung derartiger Miniaturen für sämtliche Tasten-, Streich-, Zupf-, Schlag- und Blasinstrumente schreiben, die an Musikschulen unterrichtet werden. Sie sollten sich (so mein Plan) sowohl zur Auflockerung des Einzelunterrichts verwenden lassen, als auch fächerübergreifend verknüpfen lassen. Einige Jahre lang suchte ich vergeblich nach einem Verlag oder einem längerfristigen Geldgeber für die Umsetzung dieser Idee. Schließlich verwarf ich meinen Plan. Mehr als die Hälfte der Stücke, die ich damals geschrieben oder skizziert hatte, sind niemals aufgeführt worden.
Übersicht der fertiggestellten Stücke
Kammerensemble (Ob., Altsax., Klar., Vl., Vc., Klav.) mit Sprecher:
Ahnenjagd (= Das Mitmachkonzert Geister in einer vereinfachten Version für Instrumentalanfänger)
Klavier solo und zwei Blockflöten:
Stummes Lied
Spieldosenlied
Schleichgruselschreckmusik
Clownsnase
Glockenklong
Komischer Traum
Schlagzeugquartett:
Gelber Sack
Schlagzeug solo:
Little battle (Vibraphon und Handpuppe)
Streichquartett:
Schneckenwalzer
Löwenjagd
Herr F. läuft betrunken um eine Litfass-Säule und findet den Ausgang nicht
Professor K. versucht, einen Roboter zu erfinden
Trompete solo (mit Darstellern ad libitum):
Der große und weltberühmte Circusdirektor P. begrüßt sein Publikum
Der große und weltberühmte Circusdirektor P. ist ein wenig verwirrt
Der große und weltberühmte Circusdirektor P. leidet an Gedächtnisschwund
Horn solo (mit Sprecher ad libitum):
Elefantenfußball (2. Liga)
Drei bis sechs Querflöten:
Flötinnenballett (Reisen und Abenteuer einer einsamen Flötin)
Programmtext von 1998
(Der Zyklus trug damals den Namen “Schräge Musik”, den ich später als Domäne für diese Homepage verwendet habe)
Schräge Musik entsteht in der Musikschulpraxis für die Musikschulpraxis. Im unmittelbaren Dialog mit verschiedenen Instrumentallehrern und ihren Schülern werden neue Stücke für Instrumentalanfänger kreiert: Kurzhörspiele, Klanggeschichten und Mini-Performances für Kinder, die vielleicht gerade mal drei Töne auf „ihrem“ neuen Instrument spielen können. Musik, die Spaß macht und gleichzeitig hilft, das eigene Instrument zu erforschen oder von einer anderen Seite kennen zu lernen.
Schräge Musik versucht in zweifacher Hinsicht Lücken zu schließen: Aus der Perspektive der Instrumentalpädagogik sollen vorrangig solche Bereiche berücksichtigt werden, die bislang – trotz eines florierenden Marktes an Instrumentalschulen – weitgehend unbeackert blieben. Aus der Perspektive der Neuen Musik soll versucht werden, einer Musiksprache, die gemeinhin als elitär und schwer vermittelbar gilt, ein Stück Bodenhaftung zu geben und den Kontakt mit ihr für Instrumentalschüler, deren Lehrer und Eltern ein wenig selbstverständlicher werden zu lassen.
Wichtigstes Kriterium ist dabei der Praxisbezug. In der Anfangsphase des Instrumentalspiels treten immer wieder grundlegende technische Probleme der Tonerzeugung, Motorik, Koordination oder Intonation auf, denen man mit dem bloßen melodischen Spiel nur unzureichend gerecht werden kann.
Normalerweise wird in der Unterrichtspraxis in solchen Momenten auf improvisatorische, den Schülern verbal vermittelte Übungen zurückgegriffen: Klatsch- , Klopf- oder Zählspiele zum Erlernen bestimmter Rhythmen; bei den Blasinstrumenten Atemübungen zur Lufteinteilung oder Ansatzübungen auf dem abmontierten Mundstück; bei den Streichern Pizzikati, stumm gegriffene Melodien oder Spiel mit leeren Saiten.
Die gängigen Instrumentalschulen enthalten entsprechende Anregungen zwar mitunter in Form von verbalen oder bebilderten Hinweisen, führen sie aber kaum in eigenen durchkomponierten Stücken aus. Auf diese Weise erscheint mancher Übungsschritt leicht als notwendiges Übel auf dem Weg zum eigentlichen Ziel: „richtige“ Lieder spielen zu können.
Die Ästhetik der Neuen Musik eröffnet die instrumentalpädagogische Chance (und für den Komponisten zugleich die kompositorische Herausforderung), gerade diese „Abfallprodukte“ des instrumentalen Lernprozesses als Ausgangspunkt für eigenständige Stücke zu begreifen, bei denen für die Schüler der Spaß und die eigene Kreativität im Vordergrund stehen.